Montag, 9. November 2009

Varanasi

Varanasi fand ich nach dem eher gemütlichen Agra (zumindest kam man seltener in wirklich turbulente Gebiete) dann doch etwas hektisch. Gerade was den Straßenverkehr angeht. Und vom Hotel nördlich des Bahnhofes bis in die Altstadt war es dann schon jedesmal n ganzes Stück. Also auch viele Chancen, die Hupe einzusetzen oder abzubekommen. Mit Hupen an sich hab ich ja als in-Deutschland-auch-gerne-mal-huper nich wirklich Probleme. Nervig wird’s bei nem Dauerkonzert, bei dem nich unter 10 Hupen gleichzeitig und dauerhaft gehen. Mindestens. Zwar wechseln sich alle Bestandteile der sich nach dem chaotischen Prinzip bewegenden Masse an Autos, LKW, Bussen, Motorrädern, Fahrrädern und Rikschas bei dieser Symphonie ab, aber das machts auch nich besser. Alexis hat n paarmal als Dirigent die Finger geschwungen, ums mit Humor zu nehmen und nich aggro zu werden bis zum Ziel.
In Varanasi kommt bissi erschwerend hinzu, dass die Altstadt wegen der engen Gassen nich mit Fahrzeugen befahren werden kann. Gut, Fahrräder und Motorräder zwängen sich doch schonmal bis zu den Stufen vor den Ghats, aber das is eher die Ausnahme. Hat den Vorteil, dass man sich an den Zweirädern orientieren kann, wenn man von den Ghats zu ner belebten Strasse zurück will. Zum Ganges hin finden is da schon ne ganz andere Geschichte. Aber irgendwie machts ja auch Laune, in den verwinkelten Gassen rumzuirren und immer so zu tun, als wüsste man, wos lang geht. Sonst sind gleich n paar Schlepper an deiner Seite und wollen dich an ihrem Seidengeschäft vorbeilotsen. Auf der anderen Seite hab ich bisher kein Land erlebt, in dem echt mal die absolute Mehrheit total hilfsbereit ist. Fragt man einen Inder nach dem Weg und der versteht nix, sind entweder spontan oder auf nen kurzen Ausruf von ihm zig andere zur Stelle, von denen mindestens einer wirklich helfen kann. Krass. In D würden dich die anderen Passanten mim Arsch anschaun! Wiedermal incredible india!
Felicitas kennt ihr ja schon, den Weg zu ihrem Guesthouse aber nich. Wir kannten ihn auch nich und sind mal eben ne halbe Stunde durch besagte Gassen geirrt. Ich frag mich echt wie man das mit nem großen Rucksack finden soll. Unglaublich. N weiteres echt netter Erlebnis hatten wir auf dem Weg heim vom morgendlichen Ghatausflug. Mitten im Nirgendwo stand auf einmal ne Rasselbande kleiner Inderkinder vor uns. Hatten wohl grad Pause und wollten natürlich allesamt fotografiert werden. Klar, simma dabei. Problem war nur, dass jeder von denen unbedingt in der vordersten Reihe stehen wollte und die Gruppe so bei jedem Foto näher und näher kam. Dass ich keine Nasenabdrücke auf dem Filter hatte war glaub ich alles. Aber lustig wars. Bis der Aufpasser kam und sie wieder in die Schule scheuchte.
Auch lustig war der Boxenstopp bei der Rikschafahrt zurück zum Hotel. Dass die unterwegs einfach Leute aufgabeln und sich so was zur Fahrt dazuverdienen, daran hab ich mich schon gewöhnt. Mein Fahrer hat mich dann aber doch wieder überrascht. Hält einfach irgendwo an, schleckt hastig am Straßenrand was weisses Sosiges von nem großen, grünen Blatt und weiter geht’s. Schnellimbiß auf indisch? 
Grundsätzlich muss ich sagen, dass es schon ganz interessant aussieht, wenn die ganzen Inder sich täglich im doch recht braunen Gangeswasser waschen. Hat sowas von Schmutz nur gleichmäßiger zu verteilen. Aber gut, es steckt ja noch der Gebetsanteil mit drin, ohne den sie wohl auch umkommen würden. Was da so alles drin rumschwimmt. Abnormal. Aber das is Indien. Jeder Europäer würde sich wohl nach nem intensiveren Kontakt mit dem Wasser mit Verdacht auf Cholera eingeliefern lassen, die putzen sich hier täglich die Zähne damit. Naja. Der Glaube soll helfen. Und die tägliche Abhärtung sicher auch. Zur Abhärtung bleib ich lieber bei der kalten Dusche, die ich nich nehme. ;) Außer hier gibt’s mal wieder kein warmes Wasser, was bei der Wärme zu überleben is.
Hab ich ganz vergessen. Die Klamotten werden natürlich auch drin gewaschen.
Aber jez mal im Ernst. Das is schon was ganz anderes, als wenns in D am Sonntag Vormittag in die Kirche geht.
Was gabs denn noch so? Ah ja. Das Verbrennungsghat. Verbrennung is ja nix neues oder altes für uns. Nur dass es bei uns dann doch sehr steril angehaucht zugeht. Kiste in den Backofen, raus kommt die Urne mit der Asche. Hier werden Holzstapel aufgeschichtet und das Feuer so lange am Laufen gehalten, bis dann hoffentlich kein Knochen usw. mehr übrig ist. Klappt auch nich immer hab ich mir sagen lassen. Und da es zumindest in Varanasi nur zwei Verbrennungsghats gibt, sind die ziemlich ausgebucht. An einem wird gar 24h am Tag verbrannt. Und das mit geschätzt maximal 20 Feuern gleichzeitig. Ein Glück stand der Wind günstig bei unserer Besichtigung. Will schließlich nich zum Vegetarier werden. ;)
Ach, Alexis und ich haben zusammen dann noch zwei Kilo Holz aus den Rippen gelabert bekommen, um damit bedürftige Familien bei der Verbrennung zu unterstützen. Wenn jemand stirbt, dann is übrigens nur innerhalb der ersten 24h eine Verbrennung möglich, warum auch immer. Es kann also zu nem ganz schönen Kraftakt ausarten, falls jemand ungeplant (ok, wer tut das schon geplant) das Zeitliche segnet.
Bei meinem zweiten Besuch hab ich es dann tatsächlich geschafft, auf ein paar mit glitschigem Aschebrei bedeckten Stufen auszurutschen. Zack saß ich da. Kamera hat nix abbekommen, ich dafür zwei komplett mit Aschematsch verschmierte Hände und nen schönen Arschabdruck auf der hellgrauen Hose. Lecker schmecker. Sowas schaff auch nur ich. Ehrlich wahr. Naja. Hintern abklopfen und in der Sonne trocknen lassen und die Hände gewaschen, ne nich mit Gangeswasser, und alles war wieder gut. ;)
Auch wirklich cool war die Bootstour über den Ganges bei Sonnenaufgang, mal abgesehen vom früh aufstehen. Aber was macht man nich alles für schöne Fotos und tolle Eindrücke, hm? ;) Also früh um 5 raus aus den Federn und ab an den Ganges. Als früher Bootstourist hat man dann leider die A-Karte, weil die Bootsleute genau wissen, dass man unbedingt früh aufs Wasser will. Da half alles Verhandeln nix, der Preis von 600 Rupies für zwei Stunden war nich mehr zu drücken. Dabei sind die 600 Rupies genau der Verarscherbetrag, der im Lonely Planet steht. Hat uns zwar nich geschmeckt, aber es hat sich selbst nach 20 Minuten keiner drücken lassen. Die stecken doch alle unter einer Decke, der Ganges-Boat-Gang-Decke! Aber die Tour war es wert. Zurück im Hotel gabs dann erstmal n gescheites Frühstück. Wegen meiner beiden plain pancakes (blanke Pfannkuchen, nur zur Info hehe) hab ich einmal bei der Bestellung und danach beim Servieren ungläubige Blicke geerntet.
Ober: Plain pancake?
Ich: Yes, it’s for me.
Ober: Another plain pancake?
Ich: It’s for me as well.
Der dacht erst, ich will ihn verarschen. Der Mojito, auf den ich um kurz vor 11 unsagbare Lust hatte, wurde mir aber verwehrt. Dabei hab ichs doch ernst gemeint. Versteh ich garnich. Schon seit sechs Stunden wach macht beim Normaltouri, der um 9 aus dem Bett fällt drei Nachmittags. Da wird doch wohl n Drink drin sein oder? Mann mann mann.

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